„Kein Spiel, sondern eine eigene Welt“ – Ja, in gewisser Weise stimmt das. Für einige ist es eine eigene Realität, für andere ein Ort der Entspannung. Manche sehen darin eine Möglichkeit, sich und ihren “Skill” zu beweisen und nicht wenige betrachten es als eine Zuflucht, in der sie dem “Reallife” entfliehen können. Doch letzten Endes bleibt es doch nur ein Spiel und irgendwann findet das ein Ende.
Ich habe bereits einen Artikel zu meinem Ausstieg von World of Warcraft verfasst, ich weiß. Aber dieser erste Text war für die Menschen gedacht, die mich während der letzten drei Jahre begleitetenden. Dieser neue Artikel aber, ist für mich. Mein persönlicher Abschied von Azeroth und all der gemischten Gefühle, die stets das Spielerlebnis begleiteden. Die schleichende Erkenntnis des fortschreitenden “Sell-Outs” einer einst so schönen Idee und die stete Hoffnung, der Zauber der Anfangszeiten möge vielleicht doch irgendwann, irgendwie wiederkehren. Und schließlich die Entscheidung und ihre Konsequenzen.
Azeroth, Heimat der Heimatlosen. Der Freaks, der Nerds, der Einsamen, der Flüchtlinge, der Fantasy-Liebhaber und der Zocker. Mit jedem Login verwandelte man sich in einen Held und lies die Zweifel, Ängste und Konflikte des „Real-Life“ hinter sich. Nach jedem Logout wartete erneut die Realität in der es galt, ohne schillernde Rüstung, ohne Waffen und ohne Zauber auszukommen. Schlimmer als jeder Ally-Schurke, Arena-Gegner oder High-End Boss gestaltete sich die Aufgabe, wieder zurück in die Maske zu schlüpfen und den Alltag unter all den Robotern zu bewältigen, die oft so viel mehr an eine virtuelle Welt erinnerten als die tatsächliche computergenerierte Welt.
World of Warcraft, eine eigene Welt. Auf der einen Seite von Kritikern verschrien und auf der anderen Seite von Fans heiß geliebt und verteidigt. Eine Hassliebe nichts desto trotz. Eine riesige Gemeinde mag das MMO haben – innerhalb und außerhalb Azeroths. So beschäftigen sich zahllose Online- und Print-Magazine, Internet-Shows und Blogs auf der ganzen Welt täglich, wöchentlich oder monatlich mit den neuesten Ereignissen aus und rund um World of Warcraft. Egal ob genrespezifisch, kritisch oder nur in Form einer Review. Jeder weiß, dass nichts die Auflage so beflügelt, wie die drei magischen Worte: World of Warcraft.
Und dann gibt es da noch die ehrlichere Variante, die Fans, Nerds und die riesige Gemeinschaft der WoW-Spieler. Unzählige Spieler laden täglich Videos auf verschiedenen Plattformen hoch, um sich und der Welt zu zeigen, wie gut sie ihre Klasse beherrschen, wie kreativ sie sind oder mit welchem Blödsinn sich die Zeit bis zum Server Restart überbrücken lässt. Einige von ihnen bringen es sogar mit „At least I have chicken“, „Horde for Life“ oder einem Phoenix zum ewigen Internetruhm. Andere bleiben in der Sucht hängen, verschwinden in den Tiefen der Pixel-Welt und tauchen irgendwann als Sozialfälle und Mahnmale in Selbsthilfegruppen oder Medienberichten wieder auf.
Andere verlieren langsam aber sicher den Spaß an einem Spiel, das einst als Nerd-Bastion startete und sich mittlerweile nur noch aufs Melken einer sterbenden Kuh verlegt hat. Was als tägliche Herausforderung begann, ist nun nur noch eine langweilige Tour durch längst bekannte Orte. Schwierige heroische Instanzen und Raids gab es zuletzt in Burning Crusade, anspruchsvolles PvP auch. Wrath of the Lichking tat schon den ersten Schritt zur gähnenden Langeweile – Cataclysm besiegelte nun den Exodus. Wer eine Welt erschaffen will, der darf nicht nur auf die Kinder schielen, sondern muss auch der Fan-Gemeinde gedenken, der man den Erfolg überhaupt erst zu verdanken hat.
Azeroth, einst so geliebtes Azeroth, letztendlich fielst du doch dem Geldwahn deiner Erschaffer zum Opfer. Blizzard verkaufte deine Seele und nun bleiben nur noch die ganz hart gesottenen, der Rest zieht einen vorläufigen Schlussstrich unter ein langes Kapitel der Treue und Liebe, die stets mit gemischten Gefühlen verbunden war. Vielleicht muss einfach jedes Märchen irgendwann enden und auch wenn du dich ihr lange entziehen konntest, so hat dich die Zeit nun doch eingeholt.
♥ ihr lieb gewonnenen Freunde, Gildies, Stammgroups, Arena-Mates, wie sich zeigte, muss Freundschaft nicht immer am Login-Bildschirm enden.
♥ Leylayna, mein Priester, mein ewiger Liebling
♥ Cyrajin, Kiriyana, Lytah, Milencia und Sherayn – auch wenn ihr immer nur die zweite Wahl wart
♥ Azeroth, mit all deinen Raids, Epics und wundervollen Ländern
♥ Handelschannel und all ihr Spammer, ihr habt mir so manche Nacht mit eurem Blödsinn versüßt
“I don’t care that much about romance. I fell in love before and look what happened to me.” (Sherayn)
Ich habe mich seit Erscheinen erfolgreich dagegen gewehrt, weil ich sonst in dem endlosen Sumpf Azeroths steckengeblieben und elendig verrottet wäre. Daher meine Glückwünsche, eine Gute Wahl, so ignorant und unwissend wie ich nun mal bin. Aber ist das nicht wie mit dem Rauchen aufhören ? Wie lange muss man abstinent bleiben um clean zu sein ? Werden Medien und Freunde nicht alles für deine Rückkehr tun ? Naja, vor der Tür musst du dann wenigstens nicht spielen, auch nicht in Bayern. lg Thom
Ich habe das an anderer Stelle schon einmal zu einem anderen Kommentar gesagt: Ich habe nicht aufgehört WoW zu spielen, weil ich keine MMOs mehr mag oder weil ich das Gefühl hatte “clean” werden zu müssen. Der einzige Grund warum ich nicht mehr spiele, ist der, dass das Spiel einfach stinklangweilig geworden ist.
Und ich spiele kein Spiel das mich langweilt.
Trotz alledem warte ich im Moment ungeduldig auf Diablo III, SW:TOR und Guild Wars 2…von “clean” kann also keine Rede sein.