Alltag kann zur stupiden Sinnlosigkeit verkommen, wenn man keinen Nutzen mehr in seinem Dasein sieht. Manchmal hilft es, eine Aufgabe zu haben – selbst wenn man sich diese erst ausdenken muss. Genau das tut Woody Grant in dem Film, gegen den ich mich bei meiner Oscar-Challenge am meisten gewehrt habe. Ich glaube, ich weiß jetzt auch warum. Hier kommt also: „Nebraska“.
Woody Grant (Bruce Dern) ist ein alter Mann. Er hat ein Alkoholproblem. Er läuft öfters verwirrt durch die Stadt, bis die Polizei ihn aufgreift – seine Frau Kate (June Squibb) und sein ältester Sohn Ross wollen ihn deshalb in ein Altersheim zu stecken. Dann bekommt Woody ein Schreiben von einer Marketing-Firma aus Lincoln, Nebraska in dem steht, er habe eine Million US-Dollar gewonnen. Woody beschließt, das Geld persönlich abzuholen, selbst wenn er dafür zu Fuß dort hin marschieren muss.
Auf dem Weg nach Nebraska
Obwohl ihm seine Familie wiederholt erklärt, dass es sich bei dem Brief nicht um einen echten Gewinn, sondern einen Marketing-Trick handelt, lässt sich Woody von seinem Vorhaben nicht abbrechen. Schließlich gibt sein jüngster Sohn David (Will Forte) nach und macht sich mit seinem Vater auf den Weg zu der Marketing-Firma. Als Woody sich bei einer nächtlichen Trinktour verletzt, legen die beiden einen Stopp in Hawthorne, der Heimatstadt des alten Mannes ein.
Papa wer bist du eigentlich?
David hat ein angespanntes Verhältnis zu seinem Vater, der sich in seiner Kindheit kaum um ihn und seinen Bruder kümmerte und zudem ein massives Alkoholproblem hatte. Auch während des gemeinsamen Trips gibt sich Woody abwechselnd stur, bärbeißig und völlig uneinsichtig. Und dennoch beginnt sich die Beziehung der beiden ein wenig zu verbessern.
Das Leben ist kein Hollywood-Film
„Nebraska“ beschreibt keine tränenreiche Versöhnungsstory, sondern bittere Realität. Davids Ex-Freundin ist nicht, wie sonst in Hollywood-Filmen superextradünn, sondern eine übergewichtige Frau mit Doppelkinn und fettigen Haaren. Woody wandelt sich nicht vom Griesgram zum netten Opa und seine Frau lässt ihn im Krankenhaus zurück, um mit ihrem ältesten Sohn nach Hause zu fahren. Doch trotz all des Dramas und der scheinbar ungeschminkten Realität hat der Film etwas sehr Positives.
Leise in grau
Alexander Paynes Film ist in schwarz-weiß gedreht – was die Geschichte interessanterweise noch ein bisschen realistischer macht. Vielleicht, weil „Nebraska“ so viele Schattierungen zeigt. Vor allem aber bringt der Film es bei all dem Drama fertig, dass man das Kino mit einem Lächeln auf dem Gesicht verlässt. Ich habe ehrlich gesagt immer noch keine Ahnung, wie das genau passiert ist. Aber allein dafür sollte man „Nebraska“ einen Oscar geben.
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