…und die kleine Schwester (oder der kleine Bruder ) von Arschloch. Wobei: Lieber ein Arschloch, als nett. Wenigstens gestehen die Leute einem Arschloch eine – wenn auch nur minimale – Persönlichkeit zu. Bei „nett“ fällt ihnen dagegen einfach nicht mehr ein als eben dieses Wort.
„Nett“ heißt nicht freundlich – denn sonst würde man freundlich sagen. Und „nett“ bedeutet auch nicht scheiße, ansonsten würde man entweder das oder eine höflichere Variante wie „speziell“ oder „seltsam“ verwenden. „Nett“ rangiert auf der Skala einer einfarbigen – am besten noch in Pastelltönen gehaltenen – Tapete oder Tischdecke. Oder einem Sofaüberzug. Gefällt zwar niemand so wirklich, tut aber auch keinem weh. Ganz „nett“ eben.
Eigentlich gibt es keine größere Beleidigung als „nett“. Weder weiß noch schwarz, sondern mausgrau. Wer will schon grau sein? Für mich persönlich rangiert grau knapp hinter weiß bei den meistgehassten Farben (und ja, ich weiß das Weiß genau genommen keine Farbe ist – das macht es nicht besser), gleich danach kommen dann sämtliche Pastelltöne. Dann lieber Schweinchen-rosa und süß!
Es gibt eine Menge Menschen – mich eingeschlossen – die es nicht mögen, wenn man sie „süß“ nennt. „Süß“ assoziiert man sofort mit Tierbabys und kleinen Nagetieren (und Baby-blau bzw. Schweinchen-rosa). Nur weil ich Meerschweinchen mag, heißt das nicht automatisch, dass ich auf der gleichen Gefühlsskala stehen möchte.
Aber was viele – mich ebenfalls eingeschlossen – bei „süß“ immer übersehen: Das Wort deckt alles ab – von „niedlich“ (Meerschweinchen) über „lieb“ (weit interessanter als nett) bis hin zu „sexy“ (aber die Person ist schüchtern) und sämtlichen Abstufungen dazwischen. Es kommt hier schlicht auf die Betonung an.
„Nett“ will – oder sollte niemand sein wollen. Nochmal: „Nett“ bedeutet nicht freundlich und auch nicht sympathisch, toll – nicht mal „scheiße“, „Arschloch“ oder „verrückt“ – es heißt einfach nichts. „Nett“ ist das Synonym für nichts und da erschreckt es schon, wie oft man das Wort eigentlich im Alltag benutzt. Selbst wenn man etwas „nettes“ tut, dann macht man im Grunde etwas derart Unspektakuläres, dass den anderen nichts weiter dazu einfällt. War aber „nett“.
Ich finde, „nett“ sollte man zum Unwort des Jahrtausends erklären – zusammen mit „normal“ und „vernünftig“, aber die zwei nehme ich mir gesondert vor. Seid lieber freundlich, interessant, seltsam, verrückt und von mir aus auch scheiße. So habt ihr zumindest mehr Persönlichkeit als die Tapete.
Toller Artikel. Würde gern mehr Artikel zu dem Thema sehen.