Es heißt ja, mit dummen Menschen zu streiten, sei wie mit einer Taube Schach zu spielen: Egal, wie gut du Schach spielst, die Taube wird alle Figuren umwerfen, auf das Brett kacken und herumstolzieren, als hätte sie gewonnen. Mittlerweile fühlt sich für mich nur fast schon jede Diskussion mit so gut wie jeder Person so an – unabhängig von der Intelligenz.
Ja, ich gebe es zu, ich hatte letztes Wochenende etwas Langeweile und blöderweise war dann auch noch genau der AfD-Parteitag in Köln. Kann passieren, wenn nach einer Woche Grippe-bedingten Hausarrests sogar Netflix oder Amazon Kindle nicht mehr helfen. Also habe ich mir mal angeschaut, was auf Twitter so los ist und wurde nicht enttäuscht: Neben dem bereits erwähnten Parteitag fand am Sonntag auch die Wahl in Frankreich statt. Kurz: Es waren an diesem Wochenende viele Idio…pardon…Meinungen unterwegs.
TOLERIEREN SIE MEINE MEINUNG VERDAMMT!
Meinungen sind wie Arschlöcher – jeder hat eine bzw. eines. Anders als beim Darmausgang ist aber bei der Meinung auch noch scheinbar jeder davon überzeugt, dass es sich bei seiner bzw. ihrer um die einzig richtige handelt. Meinungsfreiheit interpretieren die meisten heute so: Ich darf meine Meinung sagen und diskriminieren wen ich will, aber jeder der mir widerspricht greift mich persönlich an. Tatsächlich bedeutet Meinungsfreiheit aber, dass ich die Meinung meines Gegenübers nicht nur scheiße finden, sondern dies auch sagen darf. Widerspruch gehört genauso zur Meinungsfreiheit wie Zustimmung. Bei diesem Missverständnis handelt es sich zwar um ein allgemeines Problem – bei politischen Diskussionen wird es nur meist am deutlichsten.
Wenn der AfD-Chef Herr Meuthen in seiner Rede auf dem Parteitag davon spricht, dass er in seiner Stadt nur noch vereinzelt Deutsche sieht, dann stellt sich mir ja die Frage: Wie identifiziert der gute Mann denn nun Deutsche nur anhand ihres Äußeren? Ist das nicht…na…Diskriminierung? Antwort eines AfD-Sympathisanten dazu: „Gutmenschen sehen einfach alles durch die rosa Brille“. Aha. Was hat das jetzt mit der Ausgangsfrage zu tun? „Kriech zurück in dein Loch du linke Zecke“. Charmant. Aussage eines anderen AfD-Sympathisanten: „80% aller Flüchtlinge haben keinen Pass, aber dafür Smartphones“. Quelle? „Ich habe noch nie von einem Flüchtling ohne Smartphone gehört“. Aha. Klingt unlogisch.
OHNE HIRN BELEIDIGT ES SICH VÖLLIG UNGEHEMMT
Das Interessante an jeder – ich nenne es mal vorsichtig Diskussion – die man in sozialen Medien führt, ist ja, dass die Leute hier auf jegliche Höflichkeit verzichten. Sobald man etwas sagt das ihnen nicht passt, hagelt es Beleidigungen. Übrigens ziehen politische Diskussionen zwar generell die meisten Trolle an, aber ich wurde schon von allen möglichen Leuten im Internet beleidigt – einfach weil ich eine andere Meinung habe: Von Hundebesitzern (ich habe Katzen), von Veganern (ich bin Vegetarierin), von Eltern (ich möchte, wenn es sich vermeiden lässt, keine Kinder in diese Welt setzen) und von iPhone-Fans (ich finde Apple scheiße). Das Problem dabei ist: Das Wort „Toleranz“ scheinen die meisten für ein Synonym für „Zustimmungszwang“ zu halten.
BITTE VERWIRREN SIE MICH NICHT MIT TATSACHEN
Eine Diskussion lebt von Meinungen. Wir führen aber keine Diskussionen mehr, sondern einen Stellungskrieg bei dem sich beide Seiten auf ihre Meinung setzen und sinnbildlich mit den Fingern im Ohr im Kreis drehen. Und um das noch zu untermauern, tut man sich nur mit Leuten zusammen die eine gleiche oder zumindest ähnliche Meinung haben und schreit alle anderen einfach nieder. Niemand käme auf die Idee, sich mit jemand zu unterhalten, der eine vollkommen andere Meinung vertritt als man selbst. Am Ende müsste man ja noch einen Irrtum zugeben – dann lieber von „alternativen Fakten“, „Lügenpresse“ und „den Studierten“ schwadronieren. Bloß nicht nachdenken, das könnte am Ende noch ansteckend sein.
Ich weiß, ich klinge arrogant. Höre ich öfter. Auf die Frage warum bekomme ich leider selten eine sinnvolle Antwort. Ja, ich habe studiert (irgendwas mit Medien). Ja, ich prüfe und hinterfrage des Öfteren Quellen (Berufskrankheit). Ja, ich spreche Sarkasmus fließend (ich nenne es auch gerne „verbale Selbstverteidigung“) und ja, vielleicht macht mich all das arrogant. Ich bin dazu auch für jede Diskussion offen.
Schöner Artikel, muss auch mal gesagt sein!
Richtig gut geschrieben! Danke!
Wenn man einen Schwarzafrikaner anhand seiner offensichtlich wahrnehmbaren Eigenschaften als einen solchen beschreibt, ist das KEINE Diskriminierung, sondern eine Kategorisierung… Diskriminierung wäre eine bloß auf eine ansonsten für die Sache unerhebliche Eigenschaft gründende Ungleichbehandlung… Ihre Kritik an der visuellen Klassifizierung von offensichtlich Nicht-deutschen, ist in einer Weise absurd: Selbstverständlich sind hier mit “Deutschen” keine Personen mit deutschem Pass gemeint, sondern die indigene Bevölkerung Deutschlands. Sie verkehren den Begriff und kritisieren, man könne das Deutschsein niemandem ansehen, da es ja nur durch den Besitz eines Ausweisdokumentes definiert würde. Diese Implikation ist notwendig, um Ihrer Kritik überhaupt einen Sinn zu geben. Damit sprechen Sie dem Deutschsein in dem Sinne, wie es im beschriebenen Kontext gemeint war, die Existenz ab. Und das steht in eklatantem WIderspruch zur Realität. Selbstverständlich und vollkommen offensichtlich ist es möglich, einen Syrer von einem Deutschen zu unterscheiden… Selbst wenn Sie sich von der bloßen handfesten Körperlichkeit entfernen, reichen wenige Eindrücke bezüglich des Verhaltens aus, sogar um zu erkennen, ob wir den Sohn einer vor 30 Jahren migrierten deutsch-syrischen Familie vor uns haben, oder einen jüngst hier Eingetroffenen…
Die Möglichkeit der Unterscheidung Syrer Deutscher in dem Sinne, wie sie im Kontext gemeint war, infrage zu stellen ist geradezu lächerlich… Syrer Japaner? Syrer Mongole? Syrer Inuit? Syrer Nigerianer?
Sind die auch alle nicht möglich? Oder ist NUR Syrer Deutscher verboten?
Eine Diskussion lebt NICHT von Meinungen…. Eine Diskussion lebt von Argumenten…
Erstens rede ich in dem Text nirgends von Syrern oder Afrikanern, sondern davon, dass man einen Deutschen nicht an der Optik erkennt.
Ich kann das nicht.
Und entschuldigen Sie bitte, aber was, wenn nicht der Pass definiert denn bitte meine Nationalität? Wenn ich in Deutschland geboren und aufgewachsen bin, dann habe ich einen deutschen Pass. Dann bin ich Deutsche.
Auch wenn vielleicht meine Ur-Großeltern aus Kenia, der Türkei, Syrien oder China kommen. Ich sehe optisch vielleicht nicht so aus wie es in das arische Weltbild von Nazis wie Herrn Meuthen passt, aber ich bin deutsch.
Herr Meuthen aber sieht einen Deutschen mit japanischen/türkischen/syrischen/südafrikanischen Wurzeln und nennt das “Ausländer”.
Bei einem Deutschen mit sagen wir mal dänischen Wurzeln, würde das eher nicht passieren.
Das ist Diskriminierung. Das ist Rassismus.
Wenn Sie das anders sehen, ist das Ihre Meinung. Es ist aber kein Argument.
Was Sie für mich für jede weitere Diskussion disqualifiziert.
“Nicht arrogant, ignorant” meint den von Rechten gern benutzten Begriff des Biodeutschen. Wenn z. B. hier lebende Türken oder Griechen in der dritten Generation immer noch als Deutsche mit Migrationshintergrund gedisst werden, dann sind alle anderen Deutsche mit Faschismushintergrund.
Um die Diskussion hier einmal aufzugreifen:
Meine Mutter ist Rumänin, mein Vater ist Deutscher.
Mein Vater ist allerdings in Rumänien aufgewachsen.
In der Nachkriegszeit gab es extrem viele deutsche Kolonien in denen eben hauptsächlich deutsche gelebt haben (also mit deutschem Pass).
Im Bürgerkrieg in Rumänien sind meine Eltern beide nach Deutschland geflohen und ich bin hier geboren und aufgewachsen und habe ebenso NUR eine deutsche Staatsbürgerschaft und keine rumänische oder sonst irgend eine andere.
Ich sehe mich selbst als deutschen, sowohl auch mein Umfeld nimmt mich als deutschen wahr.
Meine Familie väterlicherseits ist vor 4 oder 5 Generationen aus dem Schwabenland nach Rumänien ausgewandert und lebte davor hauptsächlich auf deutschem Staatsgebiet.
Meine Familie Mütterlicherseits hat seit mehreren Generationen in Rumänien gelebt.
Also an alle die meinen man könne eine Staatsangehörigkeit (Deutscher, Syrer, Rumäne, Grieche etc.) anhand des äußeren bestimmen weil ja die indigene Bevölkerung gemeint ist:
Was bin ich denn nun?
Zur hälfte das eine und zur anderen Hälfte das andere?
Deutsch sein hat nichts mit der Herkunft der Vorgenerationen zutun, sondern mit einem deutschen Pass, gesprochener deutscher Sprache und gelebter deutscher Kultur.
Es gibt etliche wie sie sagen “Schwarzafrikaner” die seit mehreren Generationen in Deutschland leben und in etwa so viel mit Afrika am Hut haben wie ein Uruloge mit Gehirnchirurgie.
Das Problem in Deutschland war nie die Migration, Deutschland war schon immer ein Migrationsstaat.
Das Problem in Deutschland ist die Integration.
Das Problem ist das Menschen aus Ländern kommen in denen es zum Beispiel keine grundlegenden Menschenrechte oder Frauenrechte gibt, diese Menschen dann die deutsche Sprache nicht lernen, folglich unsere Gesetze nicht kennen/verstehen können und dadurch zwangsläufig früher oder später in unseren Augen kriminell werden, während sie sich einfach genauso verhalten wie in ihrem Heimatland.
Abschiebung ohne solide Integrationspolitik ist keine Lösung.
Man müsste Deutschunterricht verpflichten, Arbeit direkt nach Ankunft in Deutschland ermöglichen und beschleunigte Prozesse zur Anerkennung von Schulabschlüssen und Ausbildungen ermöglichen.
Dadurch würde auch unser Sozialsystem mehr entlastet werden und das Ansehen von Migranten würde steigen da sie sich ja selbstversorgen und ihren Beitrag im System leisten.
Erst wer kriminell wird oder die deutsche Sprache nicht lernen möchte und sie nach 3-4 Jahren noch nicht kann gehört abgeschoben, denn diese Menschen haben offensichtlich kein Interesse an unserer Kultur.
Wenn wir anfangen eine Staatsangehörigkeit anhand von Aussehen festzustellen komme ich nur auf ein einziges Ergebnis.
Wir aind alle Menschen.
Denn rein historisch betrachtet gibt es in Deutschland keine indigene Bevölkerung.
Vor dem deutschen Reich waren wir das heilige rämische Reich deutscher Nation (also Italiener), davor waren wir eine Mischung aus den Völkern der Sachsen und der Rus (also Russlanddeutsche?) und davor waren wir dank Dschingis Kahn alle Mongolen.
Es gibt keinen Menschen auf der Erde der (mit DNA Sequenzierung nachweisbar) der nicht mongolische Vorfahren hat.
Auf “indigene Bevölkerung” und “Aussehen” zu achten ist demnach nicht nur eine rechtspopulistische und rassistische Weltanschsuung, sondern ebenso eine wirklich gefährliche.
Abschließend nochmals vielen herzlichen Dank an die Verfasserin für diesen Artikel.
Wenn auch an manchen Ecken verständlicherweise wütend formuliert, fand ich Ihren Beitrag sehr bereichernd.
Ich bin froh zu sehen das es noch Menschen gibt welche Verstehen was der ursprüngliche Begriff der deutschen “Streitkultur” bedeutet.
Ich hoffe zukünftig mehr von Ihnen lesen zu können.
(Diesen Kommentar habe ich mit meinen Wurstfingern auf meinem Handy verfasst, also bitte seien Sie so gut und sehen mir etwaige Rechtschreibfehler nach)