Am 23. Juli 2011 erhielt der „Club der 27“ ein neues Mitglied: Die britische Sängerin Amy Winehouse. Wieder einmal verglühte ein außergewöhnliches Talent viel zu früh und viel zu schnell. Was bleibt, ist die Legende.
Amy Winehouse war eine dieser absoluten Ausnahmekünstlerinnen, die es nur alle paar Jahrzehnte wieder gibt. Sämtliche Gagas, Katys, Britneys oder Rhiannas dieser Welt würden töten für eine derartige Stimme und ja – auch wenn es im Nachhinein seltsam erscheint das zu schreiben – unglaubliche Ausstrahlung. Dass sie nach dem Riesenerfolg von „Back To Black“ offenbar völlig den Bezug zur Realität verloren hat und die Medien sie mit Spott und Häme überschütteten, ändert nichts daran was für eine unglaubliche Künstlerin Amy war. Und das war sie, einfach unglaublich.
Ich hatte das Glück, Amy einmal live zu sehen. 2005, kurz nach dem Erscheinen von „Frank“, als sie noch niemand außerhalb von Großbritannien so wirklich kannte. Damals stand da einfach ein kleines zierliches Mädchen mit langen schwarzen Haaren auf der Bühne und bezauberte ihr Publikum mit dieser unglaublichen Soul-Stimme. Und ich sage das als jemand, der mit Jazz und Soul eigentlich nicht wirklich etwas anfangen kann. Dass ich überhaupt auf das Konzert ging, war reiner Zufall – aber ich nahm eine CD mit nach Hause und sie lief wochenlang in der Endlosschleife. Wohl auch, weil ich damals selbst gerade Liebeskummer hatte und die Musik so wunderbar dazu passte.
Als 2007 „Back To Black“ erschien, gab es bereits mehr und mehr Meldungen über die britische Skandalnudel Amy Winehouse. Die Medien dieser Welt berichteten von Drogen- und Alkohol-Exzessen, Magersucht und Gewaltausbrüchen. Der Körper der Sängerin hatte sich von schlank zu spindeldürr gewandelt, bedeckt mit seltsamen Tatoos. Die langen schwarzen Haare türmten sich auf ihrem Kopf zu einem bizarren Vogelnest, das scheinbar immer weiter nach oben wuchs. An ihrer Seite fand sich ein nicht minder seltsamer Typ, der auf den ersten Blick aussah wie Pete Doherty. Und – wen wundert es – genau dieser Musiker gehörte auch bald zu ihrem engsten Freundeskreis.
In der für sie typischen boshaften Art begannen die Klatschblätter dieser Welt den Niedergang der Sängerin mit Spott und Häme zu begleiten. Immer wieder tauchten Bilder einer aufgelösten und offensichtlich völlig zugedröhnten Amy auf. Gut dokumentiert wurden die mehrmaligen Entszugsversuche, die Klinik- und Reha-Aufenthalte, die öffentlichen Zusammenbrüche auf der Bühne, sowie die Ehe und ihr Scheitern und der anschließende Urlaub in der Karibik.
Dann am 23. Juli 2011 die Meldung: Amy Winehouse wurde leblos in ihrer Wohnung aufgefunden. Und ganz ehrlich – ich glaube nicht, dass diese Meldung irgendwen wirklich überraschte. Traurig und bestürzt machte – ja sicherlich. Aber überrascht? Bei Amy konnte die ganze Welt zusehen, wie sich ein Mensch systematisch selbst zu Grunde richtet. Erste Anzeichen auf psychische Probleme finden sich aber bereits vor dem Abstieg nach ihrem Aufstieg. So gibt es Berichte über Selbstverletzungen im Teenager-Alter und später häufen sich die Anzeichen einer psychischen Erkrankung – und nicht nur der offensichtlichen Magersucht.
Doch wie so oft sahen Amys Familie und Umfeld nur zu, zumindest erscheint es im Nachhinein so. Vielleicht hatten die Menschen die ihr nahe standen auch versucht zu helfen, scheiterten aber. Warum aber Management und Label eine offensichtlich nicht gesunde Amy Winehouse noch im Juni auf die Bühne jagten und sie so erneut der Lächerlichkeit preisgaben – eine Frage, auf die es nur eine traurige Antwort gibt: Mit Skandalen verdient man Geld. Und dass weder das Showbusiness noch die Welt gut mit gefallenen Sternen umgeht, das sah man zuletzt bei Britney Spears. Jetzt, nach ihrem Tod, darf man in denselben Medien, die sie jahrelang verspotteten posthume Lobeslieder lesen. Erinnert ein bisschen an Michael Jackson vor zwei Jahren.
Nun ist Amy Winehouse tot. Eine unglaubliche Stimme für immer verstummt. Ein neues Mitglied im berühmten „Club der 27“ – also Musiker, die nicht älter als 27 Jahre wurden. Sie teilt sich dort einen Platz mit Jim Morrison, Janis Joplin, Jimi Hendrix und Kurt Cobain. Alles Ausnahmekünstler, die an ihrem Ruhm und Drogen zerbrachen. Amy wird wie sie zur Legende werden. Hoffentlich hat sie nun endlich Ruhe gefunden.