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Dating-Apps: Eher lustige Geschichten als die große Liebe

Seit ich – immer mal wieder – Dating Apps wie Tinder oder Bumble nutze, frage ich mich ja schon ob die ganzen Erfolgsgeschichten nicht einfach nur Legenden sind. Ich meine, findet irgendwer über so eine App WIRKLICH und ERNSTHAFT eine:n Partner:in? Mittlerweile kann ich das echt fast schon nicht mehr glauben.

Dating-App Horror

An sich bin ich kein Fan von Dating-Apps. Andererseits denke ich nicht, dass mein Ex-Freund plötzlich eine neue Persönlichkeit bekommt und in schwachen Momenten denke ich dann doch, dass es vielleicht doch nicht so schlecht ist, das Leben mit jemandem zu teilen. Nach etwa drei bis vier Monaten auf Tinder oder Bumble bin ich dann aber meist so frustriert, dass ich es wieder für ein paar Monate lasse und auf ein Wunder hoffe…nur um mich dann wieder von neuem einzuloggen.

Ich meine, ich möchte gar nicht ausschließen, dass ich zumindest ein Teil des Problems bin. Vor allem seit ich damit begonnen habe, nicht mehr jeder Person sympathisch sein zu wollen und – zumindest in kleinen Schritten – auch nicht mehr automatisch allem zustimme, in der Hoffnung das mein Gegenüber mich so mag. Ja, exzessives „People Pleasing“ – also der Wunsch, es allen recht zu machen und möglichst keinen Streit zu provozieren – gehört zu den Dingen, die ich versuche, mir abzutrainieren. Es klappt mal mehr und mal weniger, aber am besten auf einer Dating-App, wenn dir eines deiner Matches erzählt, was er von seiner zukünftigen Freundin so erwartet und du weißt, dass sehr weit von deiner eigenen Person entfernt ist.

Mansplaining: Dating Edition

Ganz ehrlich, ich hätte wirklich – WIRKLICH – gerne auch nur einen Funken des Selbstbewusstseins, den so manche Typen auf einer Dating-App besitzen zu scheinen. Ich habe mir angewöhnt, auf den Apps ehrlich zu sein. Deshalb steht in meinem Profil, dass ich ADHS habe, keine One-Night-Stands oder Freundschaft + will und dass ich weder der Typ „Lass uns im VW-Bus um die Welt reisen“ noch „Jedes Wochenende ein neuer Berg“ bin. Oh, und dass Fans der AfD, Esoterik oder Querdenken bitte gleich nach links swipen sollen. So mancher Herr (Damen interessanterweise weniger) liest das offenbar als Einladung, mir entweder gleich zur Eröffnung, spätestens aber nach zwei oder drei Texten, mich über mein Unwissen zu belehren.

Kein Scherz, ich hatte schon ein Match, dass mir – ohne auch nur ansatzweise meine medizinische Geschichte zu kennen – erklären wollte, welche Medikamente ich am besten nehmen sollte. Der Typ war nebenbei bemerkt kein Arzt sondern Buchhalter und seine „Erfahrung“ auf dem Gebiet ADHS kam von einer Ex-Freundin, die offenbar drogensüchtig war und mit den ihr verschriebenen Tabletten nicht klar kam. Er verstand auch überhaupt nicht, warum ich solche Belehrungen übergriffig fand und reagierte auf meine Anmerkung, dass jemand der einen Satz mit „ich bin ja kein Arzt, aber“ beginnt, ziemlich ungeeignet ist medizinische Ratschläge zu geben, sehr verärgert. Wohl gemerkt, er fand meine Reaktion unangebracht.

Die vier Arten Menschen auf Dating-Apps

Grundsätzlich habe ich ja das Gefühl in der Altersklasse 35+ gibt es genau vier Kategorien von Menschen auf Dating-Apps:

Fuckboys

Diese erkennst du schon im Profil, da steht entweder gar nichts oder irgendein Text mit einer sexuellen Anspielung. Manch einer ist auch tatsächlich so ehrlich und schreibt gleich, dass er nur jemand für gemeinsame Bettaktivitäten sucht.

Die Polyamorösen

Offenbar gibt es eine steigende Anzahl an Menschen, die polyamorös leben – also Beziehungen mit mehreren Partner:innen haben. Bitte nicht falsch verstehen: Jede:r wie sie/er möchte, aber dann schreibt es doch bitte gleich ins Profil, weil für mich ist diese Art von Beziehung halt gar nichts.

Die Frischgetrennten

Das sind entweder frisch geschiedene oder frisch getrennte Männer – oft inklusive Kindern – die gerade aus einer langjährigen Beziehungen raus sind und eigentlich nur jemand neuen suchen, der sich um sie und ihren Nachwuchs kümmert. Mein Highlight in dieser Kategorie war ein Herr, der zum ersten Date ernsthaft mit seinen zwei Kindern erschien.

Die Seltsamen

Ganz ehrlich: Aus der Sicht einiger meiner ehemaligen Matches gehöre ich vermutlich auch in diese Kategorie. Die Seltsamen haben oft „nie verheiratet, keine Kinder“ im Profil stehen und meist weißt du auch zehn Minuten nach dem ersten Treffen, warum. Ich bin wirklich ein toleranter Mensch (zumindest versuche ich es) aber in der Kategorie hatte ich schon Dates, die…

  • …mit mir darüber diskutieren wollten, warum Homosexuelle eine Pride-Parade haben und „stolz auf ihre sexuelle Ausrichtung“ sein dürften, den Deutschen aber der Patriotismus verboten würde. Mein Einwand, dass es meines Wissens kein Verbot gegen Patriotismus in Deutschland gebe, kam nicht gut an.
  • …von mir als „Expertin in psychischen Krankheiten“ (seine Formulierung, nicht meine) wissen wollten, wie ich ihre eigenen Symptome diagnostizieren würde. Ich hatte sogar schon zwei Dates, die in diese Richtung gingen und beide wehrten sich vehement gegen den Vorschlag, einen Psychiater aufzusuchen (weil beim ersten Date über mögliche psychische Erkrankungen reden ja deutlich weniger unangenehm ist).
  • …mir unbedingt eine Fußmassage geben wollten, weil „der Zustand der Füße sehr viel über den restlichen Menschen aussagt“.

Mein Favorit in dieser Kategorie war aber der Herr, der mir ganz lässig erklärte, er stehe ja total darauf, seine Freundin beim Sex zu Würgen und ob ich mir das generell vorstellen könnte. Ich meine, nochmal: Jede:r wie sie/er mag, aber mich persönlich macht Würgen jetzt nicht an.

Der Druck von Dating-Apps

Fairerweise: Ich hatte auch einige Dates mit Männern aus den Kategorien zwei und vier, die an sich ganz okay waren, wir hatten halt nur keine Chemie. Und wer auf Dating-Apps ist, der sucht keine Freundschaften – ein Grund, warum ich gerade Bumble BFF für mich entdeckt habe. Außerdem habe ich das Gefühl, dass viele mit einer „ganz oder gar nicht“ Einstellung zum ersten Date erscheinen. Also entweder ist es die berühmte Liebe auf den ersten Blick – oder Zeitverschwendung.

Dabei glaube ich, dass „Liebe auf den ersten Blick“ deutlich überbewertet wird. Meiner Erfahrung – und wenn ich „Erfahrung“ sage, meine ich die glücklichen Langzeit-Pärchen aus meinen Bekannten- und Freundeskreis – dann ist Liebe auf den ersten Blick auch so eine Legende, die du eher in Hollywood-Filmen als im echten Leben findest. Nur wer Dating-Apps nutzt, die/der hat offenbar keine Zeit mehr, jemanden kennenzulernen. Vielleicht erwarte ich da aber auch einfach zu viel, wer weiß. Alle meine Beziehungen waren im Grunde Freundschaften, bei der aus gegenseitiger Sympathie irgendwann mehr wurde. Wenn ich mir aber anschaue, wie jede dieser Beziehung endete, ist „ganz oder gar nicht“ vielleicht doch nicht so verkehrt, wer weiß.

Für immer alleine?

Manchmal frage ich mich ja schon, warum es für jede:n in meinem Umfeld einen passenden Deckel zu geben scheint, außer für mich. Vielleicht braucht es aber auch einfach die Erfahrung mit schlechten oder „funkenfreien“ Dates, um etwas darüber zu lernen, was du eigentlich wirklich willst. Von dir und deiner:m zukünftigen Partner:in. Bisher war mein Beziehungskonzept immer: Ich tue alles für dich, habe jedes Mal eine Panikattacke, wenn du mir nicht innerhalb von zehn Minuten auf eine Nachricht antwortest und versuche generell meine Persönlichkeit, meiner:m Partner:in unterzuordnen. Funktioniert je nach Partner:in für eine Weile halbwegs gut, ist aber alles andere als gut für die eigene Psyche. Besonders für jemand wie mich, der durch ADHS ohnehin schon Anpassungsprobleme hat.

Seit ich mich, ADHS und die daraus folgenden Verhaltensweisen besser verstehe, fällt mir auch viel öfter auf, wenn mein Gehirn mal wieder Dinge tut, die ich eigentlich gar nicht will. Zum Beispiel nicken, obwohl ich eigentlich nicht zustimme oder mich entschuldigen, obwohl sich niemand beschwert hat. Vielleicht macht mich das zu ehrlich und ich meine oversharing gehört zu den ADHS-Symptomen, aber: Wer mit mir eine Beziehung führt, kommt eh irgendwann drauf, dass meine Verhaltensweisen nicht selten seltsam sind. Zumindest, wenn ein neurotypisches Gehirn sie betrachtet.

Vielleicht muss ich mich also einfach nur ein wenig gedulden und hoffen, dass mein Deckel doch noch irgendwann in mein Leben tritt.

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